KAI – Kurztest für allgemeine Basisgrößen der Informationsverarbeitung

Was ist der KAI?

Der Kurztest für allgemeine Basisgrößen der Informationsverarbeitung wurde von Siegfried Lehrl und anderen Wissenschaftler:innen in den 1970er Jahren entwickelt und basiert auf dem informationspsychologischen Modell der Erlanger Schule der Informationspsychologie. Das Verfahren versucht, kognitive Leistungsfähigkeit über zwei Basisparameter zu erfassen:

  • Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit (Ck): Gemessen durch einen Buchstaben-Lesetest
  • Merkspanne (D): Gemessen durch Tests mit Zahlen, Buchstaben und Wörtern

Die Kurzspeicherkapazität wird als Produkt berechnet: C = Ck × D

Das informationspsychologische Modell stammt im Wesentlichen aus den 1960er Jahren. Diese Ansätze entsprechen nicht mehr dem aktuellen Stand der kognitiven Psychologie. Schon etwas spätere Arbeitsgedächtnismodelle (zum Beispiel Baddeley & Hitch) sind wesentlich differenzierter und empirisch besser fundiert.

Die Konstruktvalidität des KAI ist problematisch:

  • Korrelationen mit etablierten Intelligenztests bewegen sich nur zwischen r = .29 und r = .60.
  • Kein vollwertiger Intelligenztest: Der KAI erfasst nur sehr spezifische Aspekte der Informationsverarbeitung.
  • Kulturelle Abhängigkeit: Trotz gegenteiliger Behauptungen ist der Test nicht kulturfair.
  • Fehlende theoretische Fundierung: Die Gleichsetzung von Kurzspeicherkapazität mit Intelligenz ist wissenschaftlich nicht haltbar.

Reliabilitätsprobleme:

  • Übungseffekte: Wiederholte Messungen sind durch Lerneffekte kontaminiert.
  • Situative Faktoren: Tageszeit, Motivation und Müdigkeit beeinflussen die Ergebnisse stark.
  • Messgenauigkeit: Besonders bei extremen Werten ist die Reliabilität fragwürdig. (Bescheidene Anmerkung: Beispielsweise konnte bei mir in nahezu allen Selbst- und Fremdtestungen eine Kurzspeicherkapazität von circa 220 – 270 Bits gemessen werden. Als Referenzpunkt: Personen mit einem IQ von 130 haben in standardisierten Tests eine Kurzspeicherkapazität von 140 Bits; selbst bei einer logarithmisch-normalen Verteilung ist das ein bisschen zu extrem – so ein Schlaumeier bin ich nun wirklich nicht :-D)

Veraltete Psychometrie:

Der KAI verwendet klassische Testtheorie aus den 1970er Jahren. Moderne psychometrische Verfahren nutzen beispielsweise die Item-Response-Theorie (IRT), die wesentlich präzisere und faire Messungen ermöglicht.

Testanleitung für Teilnehmer:innen

Untenstehend finden Sie eine von mir programmierte elektronische Version des sogenannten S-KAI, wie Sie ihn in der Monographie Arbeitsspeicher statt IQ finden und den Sie zu Demonstrationszwecken benutzen können.

Vorbereitung:

  1. Ruhige Umgebung: Sorgen Sie für einen störungsfreien Raum.
  2. Ausgeruhter Zustand: Führen Sie den Test nicht bei Müdigkeit durch.
  3. Keine Zeitbeschränkung: Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen.
  4. Technik prüfen: Nutzen Sie einen Computer! Die vorliegende Testversion ist nicht für mobile Endgeräte konzipiert. Stellen Sie sicher, dass Tastatur und Bildschirm funktionieren.

Teil 1: Test der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit

Aufgabe: Lesen Sie die 20 generierten und zufällig ausgewählten Buchstaben so schnell wie möglich vor.

Durchführung:

  1. Klicken Sie auf »Neuer Test«.
  2. Sie müssen NICHT auf »Test starten« klicken. Achten Sie stattdessen darauf, die Testdurchführung mit der Enter-Taste zu kontrollieren. Nur so ist es Ihnen möglich, die Zeit exakt zu messen. Führen Sie den Test in Form einer Fremdmessung durch, so kann die Testleitung den Testverlauf mit Mausklick steuern.
  3. Lesen Sie die angezeigten Buchstaben »halblaut«, aber deutlich vor. (So schnell, wie es Ihnen möglich ist!)
  4. Klicken Sie auf »Stopp«, wenn Sie fertig sind.
  5. Wiederholen Sie den Vorgang mehrmals für bessere Messwerte (circa 20 x).
  6. Klicken Sie auf »Testauswertung« für Ihre Ergebnisse; nur die beste Zeit wird gezählt.

Teil 2: Test der Merkspanne

2 a) Zahlen merken:

  • Prägen Sie sich nacheinander angezeigte Zahlen ein.
  • Geben Sie diese in derselben Reihenfolge ein.
  • Bei zwei falschen Versuchen ist der Test beendet.

2 b) Buchstaben merken:

  • Identisch zu Zahlen, aber mit Buchstaben.
  • Geben Sie Buchstaben ohne Leerzeichen ein.

2 c) Wörter merken:

  • Merken Sie sich Wortfolgen.
  • Geben Sie Wörter durch Leerzeichen getrennt ein. Achten Sie bitte auf Ihre Rechtschreibung! 😉

3 Die Testauswertung wird nach Abschluss automatisch eingeblendet.

Test der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit

Startbereit – „Neuer Test“ klicken.
Zeit: 0,00 s

Test der Merkspanne

Zahlen merken

Buchstaben merken

Wörter merken

Interpretationshinweise

  • Diese Werte sind NICHT mit modernen IQ-Tests vergleichbar.
  • Extreme Werte sind besonders unzuverlässig.
  • Tagesform und Motivation beeinflussen die Ergebnisse erheblich.
  • Der Test erfasst nur einen kleinen Aspekt kognitiver Fähigkeiten.

Der KAI stellt ein historisches Artefakt der Intelligenzforschung dar. Als Screening-Instrument für grobe Einschätzungen mag er begrenzt nützlich sein, aber:

⚠️ Der KAI ist KEIN Intelligenztest und sollte nicht zur IQ-Bestimmung verwendet werden.
⚠️ Die Ergebnisse sind nicht mit modernen Intelligenztests vergleichbar.
⚠️ Entscheidungen über Bildung oder Beruf sollten niemals allein auf KAI-Ergebnissen basieren.

Literaturhinweise

Lehrl, S., Arbeitsspeicher statt IQ. Testen Sie Ihre geistige Fitness, Ebersberg 1997

Lehrl, S.; Gallwitz; A. Blaha, L. und Fischer, B., Theorie und Messung der geistigen Leistungsfähigkeit mit dem Kurztest KAI. Die allgemeinen Basisgrössen der Informationsverarbeitung, Ebersberg, 1991

Neubauer, A.,  Intelligenz und Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung, Wien 1995

Eine kurze .pdf-Zusammenfassung finden Sie auch hier.

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